Claudia Berther
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© 2023 Claudia Berther, Marte Meo Fricktal
In unserer schnelllebigen Welt ist es eine wahre Kunst, innezuhalten und aufmerksam zu warten. Doch gerade im Alltag mit Kindern und Menschen, die Unterstützung benötigen, spielen die Marte Meo Elemente „aufmerksam Warten“ und „Zeit geben“ eine zentrale Rolle. Maria Aarts, die Begründerin der Marte Meo Methode, bezeichnet diese beiden Elemente als entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation und Entwicklung.
Ganz gleich, ob es sich um Kinder in ihrer Entwicklung, ältere Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Menschen mit Demenz oder Hirnverletzungen handelt – durch diese einfachen, aber wirkungsvollen Kommunikationsbausteine können wir eine tiefere Verbindung schaffen und gleichzeitig zur Entspannung und Gelassenheit beitragen.
Doch was bedeuten „aufmerksam Warten“ und „Zeit geben“ konkret, und warum sind sie so bedeutend für die Entwicklung und Betreuung von Menschen?
Maria Aarts differenziert zwischen dem „aufmerksamen Warten“ in freien Situationen und dem „Zeit geben“ in strukturierten Situationen.
Aufmerksam Warten: In freien Situationen, wie zum Beispiel während des Spiels eines Kindes oder eines Gesprächs mit einer zu betreuenden Person, ist es wichtig, einfach abzuwarten. Es geht darum, dem Gegenüber, mit vollem Interesse, Raum zu geben, damit Initiativen entstehen können (Aarts, 2024. S.25). Durch bewusstes Warten geben wir dem Kind, dem Pflegebedürftigen oder dem Menschen mit einer Behinderung die Möglichkeit, eigene Ideen zu entwickeln, ihr Interesse zu zeigen und sich auszudrücken. Gleichzeitig lernen wir die andere Person besser kennen – ihre Bedürfnisse, Vorlieben und Ausdrucksweisen werden sichtbarer, was eine tiefere Verbindung und ein besseres Verständnis ermöglicht. Mehr dazu können Sie in den Filmbeispielen in Berther & Niklaus (2019) sehen, insbesondere in Film 23, Text dazu S.79 und Film 25 (Text S.274). Diese zeigen eindrücklich, was „aufmerksames Warten“ bewirken kann.
Zeit geben: In strukturierten Situationen – z.B. bei Anweisungen oder klaren Aufgabenstellungen – ist es wichtig, dem Gegenüber ausreichend Zeit zu geben, um die Informationen zu verarbeiten und umzusetzen. Dies gilt sowohl für Kinder, die neue Verhaltensweisen erlernen, als auch für Erwachsene, die vielleicht aufgrund von Hirnverletzungen, Demenz oder motorischen Einschränkungen mehr Zeit benötigen, um eine Handlung auszuführen. (Berther & Niklaus 2019, Film 9)
Kinder entwickeln ihre Fähigkeiten, indem sie ihre Umwelt erkunden und durch Versuch und Irrtum lernen. Durch „aufmerksames Warten“ in freien Situationen geben wir ihnen den nötigen Raum, um eigene Ideen und Lösungen zu finden. Dies stärkt nicht nur ihre Kreativität, sondern fördert auch ihr Selbstbewusstsein und ihre Unabhängigkeit. Wenn Eltern oder Betreuungspersonen zu früh eingreifen oder Entscheidungen abnehmen, wird dieser Lernprozess unterbrochen. Mehr dazu kann man in den Learningsets von Maria Aarts erfahren, die auf www.martemeo.com abonniert werden können.
Das Gleiche gilt auch für Menschen, die aufgrund von Behinderungen oder altersbedingten Einschränkungen auf Unterstützung angewiesen sind. Sie benötigen oft mehr Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen oder Handlungen auszuführen. Durch aufmerksames Warten erhalten sie die Möglichkeit, in ihrem eigenen Tempo zu agieren und beispielsweise mit eigenen Worten zu einem Gespräch beitragen zu können. Dadurch wird ihre Selbstständigkeit unterstützt, sie erleben, dass man ihre Interessen ernst nimmt und ihnen zutraut, Dinge eigenständig zu bewältigen.
In strukturierten Situationen, in denen eine klare Anweisung oder ein Auftrag gegeben wird, ist es entscheidend, den betreuten Menschen Zeit zu geben, um die Aufgabe zu verstehen und auszuführen. Dies ist nicht nur für Kinder wichtig, die neue Verhaltensmodelle erlernen, sondern alle Menschen profitieren, wenn ihnen genügend Zeit gegeben wird, um auf Anweisungen oder Anforderungen zu reagieren.
Ein kurzes Innehalten, nach einer Anweisung wie „Du kannst dich jetzt hier hinsetzen“, gibt der Person die nötige Zeit, die Worte zu verarbeiten und zu handeln. Dieser kurze Moment des Wartens baut Unsicherheiten ab und ermöglicht es dem Gegenüber, eigenständig zu reagieren. Fehlt dieser Moment des Innehaltens, kann es passieren, dass die Person nicht kooperiert, weil sie einfach keine Gelegenheit hatte, die Situation vollständig zu erfassen. In der Marte Meo Methode sprechen wir in solchen Fällen von der „Botschaft hinter dem herausfordernden Verhalten“: Die Person zeigt möglicherweise Unverständnis oder Überforderung, weil sie die Situation noch nicht richtig verstanden hat.
„Aufmerksam Warten“ und „Zeit geben“ sind in vielen Alltagssituationen hilfreich, wie zum Beispiel:
Das bewusste Einsetzen von „aufmerksam Warten“ und „Zeit geben“ wirkt sich nicht nur positiv auf die betreuten Menschen aus, sondern auch auf die Betreuungspersonen selbst. Durch das Innehalten und Beobachten können sie die Reaktionen ihrer betreuten Personen besser wahrnehmen und einschätzen. So wird deutlich, wann jemand Unterstützung benötigt – und wann es sinnvoll ist, sich zurückzuhalten und Raum für Eigeninitiative zu lassen. Langfristig spart dieses bewusste Vorgehen Zeit und Energie, da weniger Kraft in Widerstand und Verweigerung investiert werden muss. Stattdessen entsteht eine kooperative Atmosphäre, in der Interaktionen harmonischer verlaufen.
Die Marte Meo Elemente „aufmerksam Warten“ und „Zeit geben“ sind einfache, aber kraftvolle Werkzeuge, die in der Begleitung von Menschen in verschiedenen Lebenssituationen, sei es in der Kindererziehung, Pflege oder der Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, eine wichtige Rolle spielen. Sie fördern nicht nur die Selbstständigkeit, sondern tragen zu einer respektvollen und gelassenen Atmosphäre bei. Wenn wir uns die Zeit nehmen, aufmerksam und geduldig zu sein, entsteht eine Umgebung, die sowohl für die betreuten Personen als auch für die Betreuungspersonen entspannend und unterstützend wirkt.
Aarts, Maria, 2024. Marte Meo Handbuch. Aarts Productions, Eindhoven Niederlande
Aarts, M., Aarts J., Foerster A., Boesche H., 2023. Marte Meo. Möglichkeiten der alltäglichen Entwicklungsunterstützung. Verlag Herder
Aarts, Maria und Josje, 2019. Das goldene Geschenk. Aarts Productions, Eindhoven Niederlande
Berther, C. und Niklaus Loosli T., 2019. Die Marte Meo Methode – ein bildbasiertes Konzept unterstützender Kommunikation für Pflegeinteraktionen. Verlag Hogrefe, Bern.
Filmbeispiele online verfügbar
Aarts, Maria. Informationen zu den Learningsets finden Sie hier